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Strafverfahren § Einleitung, Ablauf & Anwaltspflicht

Wird in Deutschland ein Verdächtiger für das Begehen einer Straftat ermittelt, so wird bei ausreichender Beweislage das Strafverfahren eingeleitet und die rechtliche Klärung der Straftat eingeleitet. Im folgenden Beitrag finden Sie einen Überblick über die rechtliche Grundlage zum Strafverfahren in Deutschland, dessen Ablauf und den einzelnen Phasen von der Festlegung des Gerichtstermins bis hin zur Urteilsfindung. Zudem gehen wir darauf ein, warum vor einem deutschen Strafgericht die anwaltliche Vertretung des Beschuldigten zwingend erforderlich ist.

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Das Wichtigste in Kürze

Rechtslage zum Strafverfahren

Die Grundsätze und der Ablauf von Strafverfahren sind in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Dieses ist in acht Bücher gegliedert, die sich wiederum in verschiedene Abschnitte unterteilen lassen. In dieser Strafprozessordnung sind alle Regelungen von der Zuständigkeit der Gerichte, über die Ermittlungsmaßnahmen bis zur Strafvollstreckung und dem Schutz und der Verwendung von Daten.

Auch das Strafgesetzbuch (StGB) ist für den Ablauf eines Strafverfahrens maßgeblich. So richtet sich der Ablauf dieser grundsätzlich danach, ob es sich um ein Vergehen oder Verbrechen handelt, was im Strafgesetzbuch definiert wird. Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind, während Vergehen weniger schwerwiegende Straftaten sind, die in der Regel vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Auch der Strafrahmen für die einzelnen Taten ist im Strafgesetzbuch festgelegt.

Definition des Strafverfahrens

Unter dem Strafverfahren wird ein Gerichtsverfahren verstanden, in dem entschieden wird, ob eine strafbare Handlung vorliegt, und in dem gegebenenfalls eine Strafe für den Beschuldigten festgesetzt wird. Mit dem Strafverfahren (auch Strafprozess genannt) wird also das Ziel verfolgt, den Täter einer Straftat zu ermitteln und diesen entsprechend dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Kann im Verfahren hingegen die Unschuld des Angeklagten nachgewiesen werden, wird das Strafverfahren eingestellt.

Anwaltspflicht

Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber vor, dass bei allen Verfahren, die mit einer Straftat zu tun haben und vor einem Strafgericht verhandelt werden, Angeklagte durch einen Rechtsbeistand vertreten werden müssen. Mit dieser Anwaltspflicht sollen die Interessen des Angeklagten gewahrt bleiben. Im Gegensatz zum Zivilprozess, bei dem zum Teil die Anwaltspflicht nicht besteht, gilt für das Strafverfahren also eine ausnahmslose Anwaltspflicht für den eigentlichen Strafprozess. Kann ein Angeklagter sich keinen rechtlichen Beistand leisten, so kann ein Pflichtverteidiger damit beauftragt werden, die Strafverteidigung zu übernehmen.

Einleitung des Strafverfahren

Damit ein Strafverfahren eingeleitet wird, muss eine Straftat vorliegen. Das heißt, es kommt immer dann zu einem Strafverfahren, wenn eine Person möglicherweise strafrechtlich geschützte Rechtsgüter geschädigt hat. Ob es tatsächlich zu einer Verurteilung und Bestrafung des Beschuldigten kommt, wird dann im Strafverfahren geklärt.
Dies beginnt in dem Moment, in dem eine Anzeige gestellt oder Ermittlungen von Amts wegen eingeleitet werden. Dabei kommt es zuerst zum Ermittlungsverfahren, in dem die Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Polizei tätig wird. Es werden Indizien und Beweise gesammelt, die für das weitere Strafverfahren entscheidend sein können.

Strafanzeige

Ohne Kenntnis der Straftat können Staatsanwaltschaft und Polizei nicht tätig und der Täter nicht bestraft werden. Auch wenn die Hemmschwelle gerade bei bestimmten Taten, wie sexuellem Missbrauch, häufig hoch ist, ist es wichtig, die Tat zur Anzeige zu bringen. Auch Täter aus dem näheren sozialen Umfeld sollten angezeigt werden. Kindliche Opfer benötigen dabei die Unterstützung von Erwachsenen.

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Einfluss der Strafanzeige auf Ansprüche der Opfer
Wird keine Strafanzeige erstattet, können die Leistungen, die den Opfern nach dem Opferentschädigungsgesetz zustehen, im Einzelfall möglicherweise versagt werden.

Grundsätzlich kann jeder eine Straftat bei allen Polizeidienststellen, der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht mündlich oder schriftlich anzeigen. Die Anzeige muss dabei immer entgegengenommen werden, da die Strafverfolgungsbehörden zur Untersuchung des Sachverhalts gesetzlich verpflichtet sind. Um eine Anzeige erstatten zu können, werden die vollständigen Personalien benötigt. Das sind:

  • Vor-, Familien- und gegebenenfalls Geburtsname
  • Geburtstag
  • Geburtsort
  • Anschrift oder eine ladungsfähige Adresse
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Strafantrag

Bei manchen Straftaten ist es nötig, einen Strafantrag zu stellen. Dies ist insbesondere bei sogenannten „Antragsdelikte“ wie zum Beispiel Hausfriedensbruch, Beleidigung, Sachbeschädigung und einfacher bzw. fahrlässigen Körperverletzung der Fall. Das bedeutet, zur Strafverfolgung ist ein schriftlicher Strafantrag des Geschädigten erforderlich. Entsprechende Formulare liegen bei der Polizei auf.

Dieser Strafantrag muss innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis von Tat und dem Täter gestellt werden. Körperverletzung und Sachbeschädigung können beispielsweise auch ohne Strafantrag und sogar gegen den Willen der oder des Geschädigten verfolgt werden, sofern die Staatsanwaltschaft eine Strafverfolgung aufgrund eines „besonderen öffentlichen Interesses“ von Amts wegen für angebracht hält. Der Geschädigte bleibt dabei aber in jedem Fall Zeuge des Verfahrens.

Phasen des strafrechtlichen Verfahrens

Wurde eine Strafanzeige erstattet bzw. ein Strafantrag gestellt, kann ein Strafverfahren eingeleitet werden. Wie lang dieses dauert, kann nicht pauschal gesagt werden, da dies von vielen Faktoren abhängt. Dennoch ist der Ablauf des Verfahrens genau geregelt und kann in drei bis vier Phasen eingeteilt werden:

  • Vor- bzw. Ermittlungsverfahren
  • Zwischenverfahren
  • Hauptverfahren
  • Rechtsmittel und Vollstreckung
Infografik
Phasen des Strafverfahrens

Vor- bzw. Ermittlungsverfahren

Am Beginn des Strafverfahrens steht das Vor- bzw. Ermittlungsverfahren. Damit dieses eingeleitet werden kann, muss zunächst der Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegen. Dieser Verdacht kann aufgrund einer Anzeige oder durch Ermittlungen von Amts wegen (bei schweren Straftaten) bestehen. Im Falle einer Strafanzeige wird die Staatsanwaltschaft tätig, welche mit Unterstützung der Polizei den Sachverhalt ermittelt.

Dabei werden Indizien und Beweise untersucht und Zeugen sowie der Verdächtige befragt, wobei die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet ist, „in beide Richtungen“ zu ermitteln. Das heißt, sie muss sowohl die Fakten, die gegen, als auch jene, die für den Beschuldigten sprechen, ermitteln.
Nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens gibt es drei Möglichkeiten: Liegen keine ausreichenden Beweismittel vor, kann die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren einstellen. Auch der Verteidiger eines Beschuldigten kann nach Akteneinsicht die Einstellung beantragen.

Eine andere Option ist der Erlass eines Strafbefehls. Dieser kann durch die Staatsanwaltschaft beantragt werden, sofern es sich nicht um eine schwerwiegende Straftat handelt. Der Strafbefehl steht in der Regel in Verbindung mit einer Geldstrafe, gegen die innerhalb von 14 Tagen Einspruch eingelegt werden kann. Die dritte Möglichkeit kommt zur Anwendung, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben wird oder eine schwerwiegende Straftat vorliegt. Bei dieser wird die Straftat vor Gericht verhandelt.

Zwischenverfahren

Wenn sich die Staatsanwaltschaft nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens dazu entscheidet, eine Anklage zu erheben, wird die entsprechende Anklageschrift an das Gericht verschickt und das sogenannte Zwischenverfahren eingeleitet. In diesem wird entschieden, ob ein Hauptverfahren inklusive Verhandlung vor Gericht eröffnet wird. Zu diesem Zeitpunkt kann auch der Strafverteidiger noch einmal Akteneinsicht verlangen und entlastende Argumente für den Beschuldigten darlegen. Aus diesem Grund ist Beschuldigten auch unbedingt zu empfehlen, sich die Unterstützung eines Anwalts zu holen.

Hauptverfahren

Zum Hauptverfahren (auch Strafprozess genannt) gehört auch die Hauptverhandlung vor dem Gericht. Dabei kann der Ablauf des Verfahrens wiederum in drei Schritte unterteilt werden: der Eröffnung der Hauptverhandlung, der Beweisaufnahme sowie der Urteilsverkündung. Zu Beginn des Hauptverfahrens werden die Fragen zur Person des Angeklagten gestellt und die Anklageschrift verlesen. Gibt es mehrere Anklagepunkte, kann dieser Punkt durchaus einige Zeit dauern. Anschließend startet die Beweisaufnahme mit der Aussage des Angeklagten, sofern dieser nicht die Aussage verweigert. Ferner werden die Zeugen vernommen und Beweismittel präsentiert.

Mit dem Plädoyer und dem Antrag zur Strafe des Angeklagten durch den Staatsanwalt endet die Beweisaufnahme. Danach darf der Strafverteidiger sein Plädoyer halten und der Beschuldigte hat das letzte Wort, also die Chance, sich noch einmal zum Sachverhalt zu äußern. Abgeschlossen wird das Hauptverfahren mit der Urteilsverkündung des Vorsitzenden Richters. Dazu zog sich das Gericht zuvor noch einmal zur Beratung zurück. Das Strafmaß kann sowohl dem Antrag des Staatsanwalts oder des Verteidigers entsprechen, aber auch von diesen abweichen. Kann die Schuld des Angeklagten für das Gericht nicht bewiesen werden, kann dieses den Beschuldigten auch freisprechen.

Rechtsmittel und Vollstreckung

Nach der Urteilsverkündung können Rechtsmittel eingelegt werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Angeklagte mit dem Strafmaß nicht einverstanden ist. Aber auch die Staatsanwaltschaft kann Rechtsmittel einlegen, sofern das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Dabei wird grundsätzlich zwischen den Rechtsmitteln der Berufung und jenen der Revision unterschieden.

Die Rechtsmittel der Revision sind nur gegen Urteile des Landesgerichts möglich. Diese geben keine Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweismittel zu, sondern es geht vielmehr um eine Nachprüfung des Urteils. Dabei wird unter anderem geprüft, ob alle Verfahrensschritte korrekt durchgeführt wurden. In die Berufung gegangen werden kann gegen Urteile aus Strafverfahren vor dem Amtsgericht. Dabei können, im Gegensatz zur Revision, auch neue Tatsachen und Beweismittel vorgelegt werden. Der Fall wird also erneut bewertet.

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Vereinfachtes Strafverfahren

Beim sogenannten vereinfachten Strafverfahren wird der in der Strafprozessordnung (StPO) vorgesehene Ablauf des Strafverfahrens abgekürzt. Dies wird durch den Verzicht der mündlichen Hauptverhandlung umgesetzt. Der Hauptzwecke des vereinfachten Strafverfahrens, welches auch Strafbefehlsverfahren genannt wird, sind dabei die Entlastung der Justiz und Kosten sowie Zeit zu sparen. Ein solches Verfahren kann jedoch nur durchgeführt werden, wenn es sich um Delikte handelt, die keine schwerwiegenden Straftaten darstellen und daher der „leichteren Kriminalität“ zugeordnet werden können. Delikte, für die ein vereinfachtes Strafverfahren typisch sind, sind zum Beispiel:

  • Trunkenheit im Straßenverkehr
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis
  • Sachbeschädigung
  • einfacher Diebstahl

Wie auch beim Strafurteil nach „normalen Strafverfahren“ entfaltet der schriftliche Strafbefehl, der im vereinfachten Strafverfahren zugestellt wird, seine Rechtskraft, wenn innerhalb einer Frist von zwei Wochen kein Einspruch eingelegt wird. Da es sich um weniger schwerwiegende Taten handelt, fallen auch die möglichen Rechtsfolgen im Strafbefehlsverfahren meist geringer aus als die Rechtsfolgen im herkömmlichen Strafverfahren. Dabei kann es sich beispielsweise um Geldstrafen, Fahrverbote bzw. die Entziehung der Fahrerlaubnis handeln.

Kosten strafrechtlicher Verfahren

Wie viel ein Strafverfahren schlussendlich kostet, hängt vom Aufwand ab. Demnach können die Kosten durchaus einen hohen Betrag ausmachen. Es müssen jedoch auch andere Faktoren mit eingerechnet werden. Lässt sich der Angeklagte beispielsweise nicht durch einen Pflichtverteidiger vertreten, fallen Anwaltskosten im Strafverfahren an. Die Abrechnung erfolgt gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Dazu kommen die Verfahrenskosten sowie Gebühren und Auslagen. Dazu zählen auch jene Kosten, die zum Beispiel während des Ermittlungsverfahrens entstanden sind. Die Höhe der Gerichtskosten ist im Gerichtskostengesetz (GKG) festgelegt und bemisst sich nach der ausgesprochenen Strafe. Wer diese Kosten zu tragen hat, hängt vom Ausgang des Strafverfahrens ab: Wird der Angeklagte verurteilt, muss er in der Regel auch die Kosten tragen. Im Falle eines Freispruchs trägt der Staat die Auslagen.

So unterstützt Sie ein Anwalt im Strafverfahren

Egal ob Sie sich in der Position eines Angeklagten oder in der des Anzeigeerstatters befinden, ein Rechtsanwalt für Strafrecht ist für beide Seiten sinnvoll. Er kann sowohl bei der Erstattung einer Strafanzeige bzw. dem Einreichen eines Strafantrages unterstützen als auch im Strafverfahren verteidigen. Dabei ist es zu empfehlen, dass Sie sich möglichst zeitnah und zu Beginn des Verfahrens an den Anwalt wenden.

So kann er Sie zur weiteren Vorgehensweise beraten und eventuell gewisse Verfahrensteile abwenden. Da sich beispielsweise im Zwischenverfahren entscheidet, ob ein Hauptverfahren inklusive Verhandlung vor Gericht eröffnet wird oder nicht, kann der Anwalt noch einmal Akteneinsicht verlangen und entlastende Argumente für den Beschuldigten darlegen, die die Entscheidung beeinflussen können. Zudem ist der Rechtsanwalt dazu in der Lage, einzuschätzen, ob sich beispielsweise eine Berufung lohnen könnte oder nicht und Sie bei einer eventuellen Einreichung unterstützen.

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FAQ: Strafverfahren

Das Strafverfahren beginnt in dem Moment, in dem eine Anzeige gestellt oder Ermittlungen von Amts wegen eingeleitet werden. Im Fall von bestimmten Straftaten muss ein Strafantrag gestellt werden. Dies ist insbesondere bei sogenannten „Antragsdelikte“ wie Hausfriedensbruch, Beleidigung, Sachbeschädigung und einfachen bzw. fahrlässigen Körperverletzung der Fall.

Nachdem eine Strafanzeige erstattet bzw. ein Strafantrag gestellt wurde, kann ein Strafverfahren eingeleitet werden. Der Ablauf des Verfahrens kann dann aus vier Phasen bestehen: Dem Vor- bzw. Ermittlungsverfahren, dem Zwischenverfahren, dem Hauptverfahren sowie dem Einreichen von Rechtsmitteln und der Vollstreckung.

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